Artikel #937 vom 15.01.2018
Was ich Ihnen hiermit fest überzeugt vermittle, ist da draußen, bei den meisten Ärzten noch lange nicht angekommen. Dort herrscht Unsicherheit. Die hören natürlich oft genug – auch über Sie – von dieser Analyse, können aber, meist aus Mangel an Übung, nur schwer damit umgehen. Wenn Sie wüssten, was ich da alles höre.
Auch von Laborärzten. Ruft mich einer aus München an, hat sich jetzt den sehr teuren Apparat gekauft zur Bestimmung der Aminosäuren, und möchte von mir wissen, was denn so die Normalwerte wären. Die Referenzbereiche.
O, du meine Güte. Genau das ist der kritische Punkt. Eine Messung mit einem Automaten durchführen, das kann auch notfalls ein 10-jähriges Kind. Voll-Automatik. Aber die Interpretation…. hohe Kunst. Solche Normalwerte habe ich jahrelang versucht aufzuspüren.
Und habe selbstverständlich auch hier andere Normalbereiche definiert. So wie für viele andere Blutwerte auch. Beispiel Ferritin. Beispiel Vitamin B12. Beispiel Magnesium.
Der Unterschied? Schulmedizin gibt Ihnen Ist-Werte. Also Durchschnitts-Werte kranker Menschen, die ihr Blut im Labor abgeben. Wir fordern Soll-Werte. Die Werte von nachweislich höchstgesunden Menschen, am besten Hochleistungssportler.
Der angeführte Laborarzt in München übrigens schloss das Telefonat mit der Bemerkung: Jetzt messe er einfach seine sämtlichen Angestellten durch. Dann hätte er Referenzbereiche. Ja… so kann man das machen. Dann werden Sie also mit zufällig gesunden oder kranken Angestellten eines Labors verglichen.
Sie machen sich wirklich keine Vorstellung, was im Laborbereich los ist. Ich habe selbst ja nun ein Labor 12 Jahre geleitet und habe ein bisschen Ahnung. Habe wohl als erster deutscher Arzt damals in Los Angeles, beim Hormonpapst, sämtliche Aminosäuren kennen lernen dürfen und messen dürfen. Habe meines Wissens als erster deutscher Arzt 1996 die routinemäßige Aminosäurebestimmung in den klinischen Alltag eingeführt.
Ein besonders hübsches, lustiges Beispiel für das, was da draußen in den Labors um Sie herum gemessen wird, liegt vor mir. Ein Aminogramm. Ich zitiere drei Beispiele.
Arginin | 17mg/l | (normal | < | 22) |
Methionin | 4 mg/l | (normal | < | 6) |
Phenylalanin | 19 mg/l | (normal | < | 27) |
Als Ergebnis bescheinigt der Laborarzt „kein Hinweis auf das Vorliegen einer angeborenen Stoffwechsel-Erkrankung“.
Wollen Sie von mir etwas über angeborene Stoffwechsel-Erkrankungen wissen? Nein, Sie fordern Gesundheit, Lebensenergie, Lebensfreude. Etwas völlig anderes. Und das erkenne Sie am Referenzbereich dieses Labores.
< 22
< 6
< 27
Die Aminosäuren sollen hier also so klein wie möglich sein. Das Beste, das Optimum wäre dann wohl Null. Heißt: Sie sind tot. Und das druckt dieser Laborarzt wirklich ab. Und berechnet eine Gebühr.
Wenn Sie glauben, nur in der Politik müsse man sich täglich ans Hirn greifen, dann sehen Sie, dass das auch in der Medizin tagtäglich der Fall ist.
Jetzt verstehen Sie auch, weshalb ich mich weigere, Fremdlabor zu studieren und zu kommentieren. Selbst ich habe Grenzen. Verdeutlicht an diesem Beispiel.
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