Die „reine Lehre“

Artikel .1006 vom 25.03.2019


Oft genug haben Sie eine Ärzte-Odyssee hinter sich. Sind verzweifelt. Beklagen sich bei mir bitterlich darüber, dass Ihnen nicht geholfen wurde.

Ich verstehe Sie. Ich fühle mit Ihnen. Versuche dennoch immer wieder, meine Kollegen, denen Sie während der Odyssee begegnet sind, zu verteidigen. Denn das sind doch keine bösen Menschen. Die tun, was sie können. Die tun, was sie gelernt haben. Genau ein solcher war ich auch.

Wir wollen nicht übersehen, dass Schulmedizin ein riesiger Fortschritt, etwas Wunderbares ist. Wenn es um Diagnostik geht. Also um die Hardware Ihres Körpers. Um die Anwendung von CT, Kernspin, PET. Wenn es um die Unfallchirurgie geht. Wenn es um akute lebensbedrohliche Krankheit wie Herzbeutel-Entzündung geht.

Schulmedizin ist unersetzlich. Steht auf festen Füßen. Versagt aber, wie Sie wissen, bei der Software. Bei der Funktion. Heißt übersetzt Biochemie. In praktischen Worten: Versagt bei chronischen Zuständen, chronischer Krankheit. Sie kennen sich ja bestens aus.

Welche abstrusen Irrungen dieses Versagen annehmen kann, möchte ich Ihnen einmal erklären an einer kompetenten Medizinerin, nämlich der ärztlichen Leiterin der komplementären Onkologie, Universitätsklinik Frankfurt. Frau P.D. Dr. Jutta Hübner.

Eine vielgebildete Ärztin. Kennt sich aus in Naturheilkunde, in Akupunktur usw.
Beschimpft aber Ketose, also den Versuch, Krebszellen das Leben schwer zu machen, als gefährlich, krank machend, schwächend. Schlichtweg als Unsinn.

Darüber ärgert sich Frau Professor Kämmerer, Würzburg, immer wieder. Hat zwar die besseren Argumente, aber...

Über diese tüchtige Kollegin lese ich soeben im Zusammenhang mit Chemotherapie. Die ganze Geschichte ist es wert, Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, also hunderttausenden, mitgeteilt zu werden. Das geschieht jetzt:

„Durch eine Chemotherapie werden häufig Störungen im Nervensystem verursacht und es kommt zur Polyneuropathie. In einer kleinen Studie an 17 Krebspatienten, die sich einer Chemotherapie unterzogen, wurde eine deutliche Schutzwirkung der Nerven durch
Vitamin E nachgewiesen.

Von den Patienten, die vor der Chemotherapie 400 Milligramm pro Tag Alpha-Tocopherol (Vitamin E) eingenommen hatten und die Einnahme bis drei Monate nach Ende der Chemotherapie fortsetzten, entwickelten nur 6 Prozent eine Polyneuropathie. In der Patientengruppe, die ein Scheinpräparat (Placebo) eingenommen hatte, bekamen 42 Prozent eine Polyneuropathie.

Trotz dieser guten Wirkung von Vitamin E raten konservative Mediziner/innen wie Dr. Jutta Hübner, ärztliche Leiterin der komplementären Onkologie, Universitätsklinik Frankfurt, von der Gabe des Antioxidans ab, da sein (potenziell negativer) Einfluss auf die Länge der Lebenszeit nach Diagnosestellung der Krebserkrankung und Rezidivraten, also die Anzahl an Wiedererkrankungen, noch nicht geprüft ist“.

Heißt übersetzt: Vitamin E könnte den Tod herbeiführen. Könnte den Krebs verschlimmern. Könnte den Krebs wieder aufflackern lassen. Jedenfalls gäbe es hier noch keine belastbare Studie. Tja. Denke ich an News vom 14.04.2013 und „Vitamin E und simple Tatsachen“).

„Meine Patienten fragen mich häufig, was diese Vertreter der „reinen Lehre“ dazu veranlasst, eine natürliche Therapie zumindest als Begleitbehandlung auszuklammern? Auf wie viele Studien müssen die Patienten noch warten, bis sie in den Genuss einer solch hilfreichen Behandlung kommen?

Besteht denn wirklich eine Gefahr für Leib und Leben durch ein Vitamin? Die zahlreichen Pharmaprodukte werden in ihrer synergistischen Wirkung doch auch nicht bis ins letzte Detail untersucht. Wenn – wie es in der ärztlichen Fachpresse veröffentlicht worden ist – sogar in einer Universitätsklinik Patienten bedenkenlos mit „48 Tabletten“, also 48 synthetischen Medikamenten, behandelt werden, ist das offenbar kein Problem. Aber eine Begleittherapie mit Vitamin E scheint gefährlicher zu sein.

Manche Patienten haben den Eindruck, dass es sich hier juristisch sogar um eine unterlassene Hilfeleistung handeln könnte.

Der letzte Satz ist wichtig. Wird immer wichtiger. Patienten sind schon lange keine unmündigen Mädchen und Buben mehr, sondern können in der Regel lesen. Auch im Internet. Können sich weiterbilden. Lesen z.B. meine News. Finden, dass das Gegenteil von dem wahr ist, was Frau Dr. Hübner behauptet.

Noch schlimmer: Manche Patienten sind Juristen. Und wenn man die genügend ärgert…. könnten die ja zurückschlagen. Genau das übrigens vermisse ich. Auch auf die Gefahr hin, dass es mich einmal treffen könnte. Sie sollten zurückschlagen, verehrte juristische Kolleginnen und Kollegen!

Die Presse wäre auf Ihrer Seite.

Quelle: Klaus-Dietrich Runow: „Krebs – Eine Umwelt-Krankheit?“ Seite 178/179

PS: Noch einmal, weil so ärgerlich: Chemotherapie ist kein Problem. Wird empfohlen. Aber Vitamin E... Warnung: Könnte gefährlich sein. Versteht das irgendwer?