Fleisch kommt zunehmend in Verruf. Wir in der westlichen Welt würden zuviel Fleisch essen und uns so Zivilisationskrankheiten wie den Herzinfarkt einhandeln. Dazu gibt es tatsächlich ausreichend wissenschaftliche Untersuchungen. So verwundert es nicht, dass zurzeit Vegetarier im Vormarsch sind. Denn wiederum eindeutig nachgewiesen: Vegetarier leben länger.
Selbstverständlich weiß der aufmerksame Leser, dass dies nicht am Verzicht auf Fleisch liegt, sondern dass Vegetarier sehr viel bewusster und aufmerksamer nicht nur mit der Ernährung umgehen. Dass sie auch weniger oft rauchen oder andere Gifte zuführen.
Über den Tellerrand blickend lässt uns Fleisch ganz anders sehen. Diesen Blick bietet uns – wer sonst – Cordain im Eur J Clin Nutr 2002 Mar, 56 Supl I: S 42. Wo er beweist, dass es auch heute noch auf dieser Welt Naturvölker gibt, Jäger-, Sammlerkulturen, deren Ernährung in erster Linie auf Fleisch basiert. Und bei denen es eben ausdrücklich keine Gefäßverkalkung, keinen Herzinfarkt gibt.
Dazu fasst er zusammen 13 bekannte Ernährungsstudien solcher Naturvölker. Und zeigt, dass die zu 65 % sich vom Tier, zu 35 % von der Pflanze ernähren. Und freut sich, dass dies übereinstimmt mit einer kürzlich veröffentlichten Groß-Übersicht über 229 (man stelle sich vor) solcher Naturvölker, die es derzeit auf diesem Globus (noch) gibt (Am. J. Clin. Nutr. 72, 1589). Auch hier fand sich, dass deren tägliche Nahrung zu 68 % vom Tier (Fleisch und Fisch), zu 32 % von der Pflanze stammte. Wohl verstanden: Die Pflanzen wurden nicht etwa geerntet wie bei uns, sondern gesammelt. Kurzes Nachdenken zeigt uns den himmelweiten Unterschied.
Interessant: Er zeigt durch Isotopen-Analyse von Gewebe unserer Vorfahren, dass diese Fleischkost tatsächlich früher Gang und Gäbe war.
Um uns eine Vorstellung zu geben, wo solche – uns hier in Deutschland ja kaum bekannte – Naturvölker noch leben, folgende Tabelle:
Population Location Animal food (%) Plant food (%)
Aborigines Australia 77 23
Ache Paraguay 78 22
Anbarra Australia 75 25
Efe Africa 44 56
Eskimo Greenland 96 4
Gwi Africa 26 74
Hadza Africa 48 52
Hiwi Venezuela 75 25
!Kung Africa 33 67
!Kung Africa 68 32
Nukak Columbia 41 59
Nunamiut Alaska 99 1
Onge Andaman Islands 79 21
Selbstverständlich kommt man da ins Grübeln. Ich auch. Und selbstverständlich liegt des Rätsels Lösung in der Art des Fleisches: Zwischen unserem Lidl-Produkt und deren Fleisch gibt es himmelweite Unterschiede: In erster Linie die Zusammensetzung des Fettes. Natürliches" Fleisch enthält nun einmal sehr viel mehr Omega 3. Außerdem essen diese Naturvölker sehr viel mehr Antioxidantien (Auch wenn der Nahrungsmittelchemiker Dr. Pollmer das für Quatsch hält. Nur: die kennen den nicht.). Auch sehr viel mehr Ballaststoffe, sehr viel mehr Vitamine (ausdrücklich)! Und sehr viel mehr Bioflavonoide.
Über den Tellerrand guckend betont Cordain selbstverständlich auch, dass diese Naturvölker nicht nur anders essen würden, sondern eben sehr viel mehr Bewegung hätten, weniger Stress und… dass sie nicht rauchen würden. Jedenfalls momentan noch…
Die Erklärung, weshalb Naturvölker mit über 50 % Fleischanteil in ihrer Nahrung eben gerade keinen Herzinfarkt bekommen, ist also eine vielschichtige. Genau diese komplette Sicht auf ein Phänomen vermisst man ja bei den meisten Ernährungsstudien.