Vorsorge

Ist ein Zeichen von Klugheit. Der Mensch – übrigens auch das Tier – denkt an die Zukunft und kümmert sich rechtzeitig. Ein völlig logisches Vorgehen. In der Praxis aber, wie sich zunehmend herausstellt, möglicherweise Unfug.

Wenn man einmal Vorsorgeuntersuchungen in der Medizin betrachtet. An herausragender Stelle: die Mammographie.

Mehr und mehr Studien beweisen uns heute, dass vorsorgliche Suche nach Brustkrebs mehr Schaden als Nutzen anrichtet. Auch mir persönlich schwer einleuchtend, aber eben – sobald man einmal naturwissenschaftlich vorgeht – leicht beweisbar.

Zuletzt in der Canadian National Breastscreening Study (BMJ 2014, online 11.02.14). Da wurden 90 000 Frauen entweder fünf Jahre jedes Jahr mammographiert oder eben nicht. Resultat:

Nutzen: Über die gesamte Nachbeobachtungszeit von 25 Jahren kein Unterschied in der Gesamtsterblichkeit oder Brustkrebssterblichkeit. War also alles sinnlos.

Schaden: Falsch positive Befunde. Also Überdiagnosen: Für den nicht tastbaren Brustkrebs 50 %. Heißt übersetzt: Wir haben Sorgen produziert, Leid produziert, schlaflose Nächte, Biopsien, möglicherweise auch überflüssige Operationen.

Präzise die gleiche so entmutigende Aussage schon in N Engl J Med 2012; 367:1998 mit der monströsen Aussage: In den letzten 30 Jahren wurde bei 1,3 Millionen US-Frauen Brusttumoren entdeckt, die niemals sich zu Krebs entwickelt hätten. Allein für 2008 wurden so 70 000 Frauen ins Unglück gestürzt. Das waren 31 % aller, bei denen man durch Mammographie "Brustkrebs" entdeckt hatte.

All das Leid... Und der Nutzen? Acht von 100 000 Frauen hat man möglicherweise das Leben gerettet. Können Sie das in Promille ausdrücken?

Dass wir uns recht verstehen: ich bin für Vorsorge. Freue mich zunehmend aber über den einen Satz in der Diskussion aller dieser Arbeiten. Den einen Satz: Wir sollten vielleicht Krebs gar nicht erst entstehen lassen. Und nicht, so wie bisher, ihn abwarten und dann "früh erkennen".

Erinnern Sie sich? Die Koloskopie-Bewegung in Deutschland? Derzeit wieder in ganzseitigen Anzeigen? Prominente werben für die Darmspiegelung als Vorsorge? Wo wir doch präzise wissen, wie man Darmkrebs gar nicht erst entstehen lassen bräuchte. Beispielsweise durch tägliches Laufen. Beispielsweise durch Multivitamine. Gilt übrigens auch für Brustkrebs. Die News finden Sie auf diesen Seiten.