Vorhofflimmern

Eine der häufigsten (die häufigste?) Herzrhythmusstörung. Der Herzmuskel schlägt nicht mehr langsam und kräftig, versorgt auf diese Weise Körper und Gehirn mit Blut und Sauerstoff, sondern er "fibrilliert", "flimmert". Bewegt sich also viel zu schnell und uneffektiv. Da wird das Blut im Körper nicht mehr so recht verteilt. Es kann sogar zum Stocken kommen, Blutgerinnsel bilden sich und führen zum Schlaganfall…

Daher Routinebehandlung neben z. B. Betablockern (verlangsamt den Puls) auch Blutverdünner. Gut überlegt. Logisch.

So weit, so langweilig. Viel spannender wird es, wenn der Mensch, der Arzt das wirkliche Denken beginnt:

  • Ursache Fehlsteuerung eines Nervs. Also könnte man den auch "durchschneiden", mit Hitze veröden und so weiter. Nennt sich Ablatio.

  • Grundsätzlich ein glücklicher Gedanke. Wenn Sie Kopfschmerzen haben, schneiden Sie das Ding da oben einfach weg. Dann haben Sie keine Kopfschmerzen mehr. Einverstanden.

  • Wenn die Knie durch Arthrose zerstört sind und schmerzen… einfach abhacken. Künstliches Knie einsetzen. Einverstanden.

  • Bitte ergänzen Sie mit 100 weiteren Beispielen.

Aber jetzt mal wieder ernst und anständig: Liegt vor mir eine Arbeit, die an 303 Patienten zeigt, dass es bei Vorhofflimmern (VHF) besser ist,

  • gleich zu ablatieren, also die kleine Operation durchzuführen.

  • besser, als es zunächst mit Tabletten zu versuchen.

Das wird statistisch bewiesen. Einverstanden. Fällt mir ein ein Büchlein von Dr. Marianowicz. Ein orthopädischer Chirurg in München. Berühmt. Auch ich wäre beinahe bei ihm gelandet… weil der sich auf Schmerzbehandlung versteht. Und der hat letztes Jahr ein Büchlein "Die Gesundheitslüge" verfasst, was ich mit roten Ohren gelesen habe. Ihnen aber verschwiegen habe. Da kommen mir zu viele Wahrheiten, zu viele Zahlen vor. Die würden Ihr Vertrauen in die Medizin untergraben. Besonders gefallen hat mir freilich die Schilderung eines persönlichen Erlebnisses. Weil so lustig… darf ich?

"Im Rahmen einer Voruntersuchung stellte sich heraus, dass ich Vorhofflimmern habe… Ein Zufallsbefund. Der Kardiologe empfahl mir, Blutverdünner zu nehmen, um das gegebene Schlaganfallrisiko zu verringern. Außerdem legte er mir nahe, mich in einer Herzklinik vorzustellen, um die Möglichkeit einer Ablation prüfen zu lassen.

Erklärung: Dabei werden die Herzleitungen (Nerven) mit Strom verödet, was das VHF beseitigen soll.

Also rief ich eine Bekannte, eine in einer Herzklinik tätige junge Ärztin an, um mich zu erkundigen.

"Mach das bloß nicht", sagte sie als erstes. "Bei uns wird jeder ablatiert".

Sie schwieg einen Moment und fügte etwas leiser hinzu: Manchmal sogar sieben bis acht Mal. Und wenn du Pech hast, bekommst du hinterher Herzrhythmusstörungen, die du jetzt noch gar nicht hast."

Ende der News. Wenn der kluge Kollege jetzt nicht eine Zahl hinschreiben würde. Eine Ablation wird mit 15.000 Euro vergütet.

Im gleichen Buch finden Sie noch mehr Ungemütliches:

  • Herzkatheter ca. 650 Euro

  • Herzkatheter mit Stent ca. 2.000 Euro

Und wenn wir schon dabei sind: In Deutschland werden jährlich 900.000 Routine-Katheteruntersuchungen (ohne vorausgegangen Herzinfarkt) vorgenommen. Sterblichkeit liegt zwischen 0,4 und 0,7 %. Bedeutet, laut Dr. Marianowicz:

Etwa 3.600 – 6.300 Patienten, die keine Notfälle waren, sterben durch den Herzkatheter.

Sehen Sie: Deswegen wollte ich das Büchlein nicht besprechen. Aber die Geschichte mit dem Vorhofflimmern… die war´s mir wert.

Auch Kollegen wachen auf. Dann, wenn es um sie selbst geht. Muss ich wissen: Ging mir schließlich genauso.

Quelle: New England Journal of Medicine 2021; 384: 305