Immer wieder einmal werden wir mit den tiefen Rätseln der Natur konfrontiert. So in der Vorwoche durch die Bemerkung in einem neu erschienenen Buch: "Light steigert Diabetesrisiko".
Gemeint mit Light sind Süßstoff-Getränke. Stichwort Aspartam. Mit diesen Getränken täte man sich keinen Gefallen. Das Gehirn nämlich könne zwischen Zucker und Süßstoff nicht unterscheiden und schüttet in beiden Fällen Insulin aus.
Das führt bei den Light-Getränken (Süßstoff) über kurz oder lang zur Insulinresistenz. Und tatsächlich hätte das französische Medizin-Forschungsinstitut INSERM gezeigt, dass Light-Getränke sogar noch ungesünder seien als die gezuckerte Version. Sie würden zum Diabetes führen.
Ein Rätsel. Verstehen Sie das? Tja, das menschliche Gehirn. Lässt sich offenbar betrügen.
Werde ich neugierig. Hole ich mir eben diese Studie. Wieder einmal. Und fange an, Zeile um Zeile zu lesen. Da steht natürlich etwas ganz anderes. Wie üblich:
Zucker-Drinks genau so wie Süßstoff-Drinks seien "assoziiert, also verknüpft mit erhöhtem Diabetesrisiko". Aber gleich in der Einleitung, als nächsten Satz geben die Studienverfasser zu, dass möglicherweise andere Gründe, nämlich nicht der Süßstoff Schuld seien. Man müsse, so schlagen sie ernsthaft vor, unbedingt erst mal eine mögliche Verbindung zwischen Süßstoff und Diabetes beweisen.
Dieser Beweis steht bis heute noch aus. Natürlich.
Denn in der Arbeit wird vernünftig argumentiert, dass die Leute wohl erst Diabetes hatten, erst übergewichtig waren, und dann, ganz folgerichtig, zu Süßstoff-Getränken greifen. Und natürlich findet man in den Fragebögen dann, dass Diabeteskranke mehr Süßstoff zu sich nehmen.
Diese französische Arbeit findet sich in Am J Clin Nutr 2013;97;517. Also 2013. Aber schon 2011, in der gleichen Zeitschrift wird sie widerlegt. Also 2 Jahre vorher. Da hat man die gleichen Fragebögen ausgeteilt. Hat das gleiche gefunden: Diabeteskranke, Übergewichtige trinken mehr Süßstoff-Drinks. Ist jetzt aber wissenschaftlich korrekt vorgegangen: hat die Zahlen multivariant angepasst:
Hat also berücksichtigt zusätzliche Vitamineinnahme, die Familienanamnese, hat berücksichtigt hohe Triglyceride im Blut (zuckerabhängig), hat den Blutdruck gemessen, die Einnahme von Wassertabletten registriert, vorangegangene Diäten mit Jo-Jo-Effekt und den Body-Mass-Index (BMI).
Wenn man all diese Faktoren korrekt berücksichtigt, bleibt nichts mehr übrig. Jetzt gibt es plötzlich keinen Zusammenhang mehr zwischen Süßstoffkonsum und Diabetes.
Wie gesagt, 2 Jahre vorher in der gleichen Zeitschrift nachzulesen.
PS: Dieses neue Buch – der Verlag hat sich entschuldigt – wurde übrigens wegen dieses groben Fehlers sofort eingestampft. Korrigierte Neuauflage 7.5.2014. Ach – lächeln Sie doch einfach mit.