Auf einer ganzen Seite gibt der Spiegel einem Klinikdirektor die Möglichkeit, Menschen zu erreichen. Ein Thema, die Angst, hervorzuheben, zu erläutern und – dafür ist er laut Eid da – den Menschen auch zu helfen.
Ich spreche von Professor Dr. Frank Schneider, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Universitätsklinikum in Aachen. Im Spiegel 22/2016 Seite 74.
Wo sehr übersichtlich und sehr klar und sehr einfühlsam über Angst gesprochen wird. Berichtet wird, dass 55% der Deutschen "angstvoll in die Zukunft" blicken.
Darüber berichtet wird, dass in Deutschland im Verlauf eines Jahres gut ein Viertel aller 18 bis 79-jährigen an einer psychischen Erkrankung litten. Dass am häufigsten die Angststörung sei. Die rund 10 Millionen Deutsche beträfe.
So weit, so gut.
Und dann nutzt Prof. Schneider die halbe Spiegel-Seite zur Demonstration eines Falles. Eines Patienten. Der in die Klinik kam nach dem Paris-Attentat. Seither glaubt der, dass auch er Opfer einer solchen Attacke werden würde. Glaubt fest daran und leidet. Festgestellt wird:
Dass der Patient gesund aussah.
Dass sein EKG stimmt, das Blut stimmte, die Schilddrüsenfunktion stimmte, auch keine Lungenschwäche oder Schizophrenie oder Verfolgungswahn vorläge.
Dass er aber verzweifelt und hoffnungslos sei.
Was tut so ein riesiges, renommiertes Institut mit Klinikchef, Oberärzten, Assistenzärzten, eine Küche, eine Wäscherei, einem Labor… Na was wohl: Das hilft. Dafür ist es ja gebaut und bezahlt. Vom Staat. Also gut.
Die Ärzte schlugen eine kognitive Verhaltenstherapie, 10 bis 12 Sitzungen, jeweils 20 bis 40 Minuten vor.
Der Mann lehnte die Therapie ab und ging.
"Vor zwei Wochen hat einer der Ärzte telefoniert: Der Mann fürchtet sich immer noch vor dem Anschlag.
Will sagen: Ihm wurde nicht geholfen. Knallhart. Ihm konnte nicht geholfen werden, weil er die Therapie nicht mitmachte. Das rührt am Grundverständnis meines Berufes: Sollte ich als Arzt nicht in der Lage sein, mein Hilfsangebot, mein Wissen, meine jahrzehntelange Ausbildung einsetzten zu können, um einen Patienten zur Therapie zu bewegen? Prof. Schneider jedenfalls konnte es nicht. Und plaudert lächelnd (Foto) darüber.
Weshalb haben hier alle versagt? Erinnert so peinlich an Lubitz.
Besonders beunruhigt mich, dass auf einer ganzen Spiegelseite dokumentiert wird: Die absolute Resignation. Das Leid auf der einen Seite, die Nichthilfe auf der anderen. Sollte das typisch sein? Weshalb sonst wird darüber geschrieben? Weshalb hat Prof. Schneider nicht eine erfolgreiche Heilung beschrieben?
Gibt es keine?
Auf der Internetseite www.drstrunz.de sind solche erfolgreiche Heilungen im Dutzend dokumentiert. Die Seite ist offiziell gesperrt. Da macht man sich so seine Gedanken.