So die Behauptung eines deutschen Arztes, der derzeit durch die Medien geistert. In Talkshows auftritt. Und begeistert gefeiert wird. Weshalb? Tja: Die Mehrheit der Deutschen ist übergewichtig. Die fühlt sich getröstet und bestätigt. Verständlich.
Na, dann gucken wir doch mal.
Tatsächlich finde ich zwei kleine Studien, die den Kollegen bestätigen. Eine aus den USA, eine aus Kanada: Bei 37.000 Menschen wird gezeigt, dass Dicke (BMI 25-29,9) länger leben als Schlanke (BMI 18,5-24,9) (JAMA 2005,293:15,1861).Und die kanadische Studie umfasst sogar nur 11.300 Teilnehmer mit dem gleichen Ergebnis (Obesity 2010 Jan; 18(1).
Ohne große Mühe finde ich aber auch 7 (sieben!) Großstudien, die das Gegenteil beweisen. Ei, gucke da. Also an über 1 Million Menschen (N Engl J Med 1999;341 (15)). Oder an 900.000 Teilnehmern (N Engl J Med 2003 April 24;348). Oder an sogar 1,46 Millionen Amerikanern (N Engl J Med 2010; 363:2211). Oder an 1,2 Millionen Koreanern (N Engl J Med 2006; 355: 779) oder 158.000 Chinesen (N Engl J Med 2005: 353:1124).
All diese Großstudien beweisen, dass dicke Menschen, also mit BMI über 25, eben doch häufiger sterben als die Schlanken.
Kommt Ihnen das Ganze bekannt vor? Erinnern Sie sich noch an die "Vitaminlüge" im Spiegel 03/2012? Immer das gleiche Vorgehen.
Übrigens interessant: Weshalb kommen denn diese zwei Kleinstudien zu diesem merkwürdigen Ergebnis, das so begeistert von der deutschen Öffentlichkeit aufgenommen wird? Der Hintergrund ist ganz einfach: Bei diesen Kleinstudien wurden Raucher und Krebskranke mit eingeschlossen. Oh!
Kettenraucher sind schlank. Sterben früher. Krebskranke werden schlank. Sterben bald. Und diese zwei Gruppen verfälschen die Statistik: Die sind "krankschlank". Die lassen den schlanken Bevölkerungsanteil künstlich schneller sterben. Müssen daher aus dieser Art von Statistik natürlich ausgeschlossen werden.
Was die sorgfältigen Großstudien (die Mehrzahl) selbstverständlich getan hat.
PS: Selbstverständlich sind alle diese Studien an so vielen Millionen Menschen völlig überflüssig. Vergeudete Liebesmüh. Papierverschwendung. Denn: Man bräuchte doch nur einmal Praktiker fragen. Menschen, die es bereits geschafft haben. Also Hundertjährige. Haben die einen BMI über 25? Sind die dick?
Sie erinnern sich (News vom 31.07.2009): Die meisten Hundertjährigen finden wir auf den Okinava-inseln. Deren BMI liegt zwischen 18 und 22. Und zwar ihr ganzes Leben.
Und Prof. Derwahl (Berlin) hat doch längst an 102 über Hundertjährigen gezeigt, dass deren durchschnittlicher BMI 21 ist. Solches Wissen schlägt jede Millionen-Studie.