Gast News Nr. 98 von Ulrich Strunz jun.
Sie erinnern sich, was normative Modelle sind (Erfahrung), was deskriptive Modelle sind (Ausnahmen), was präskriptive Modelle sind (Gebrauchsanleitungen, siehe Gast News "Ich habe keine Zeit Bücher zu lesen.").
Diese in der Wissenschaft seit Jahrzehnten angewandte Dreiteilung ist dem gängigen Journalisten nicht bekannt.
Ein normatives Modell wird nach Jahrzehnten geboren und lautet:
"Selbstverantwortung hilft uns aus unserer Verzweiflung heraus. Wir sind verantwortlich für unser Leben.".
Jemand, der die oben genannte Dreiteilung nicht begreifen will, könnte nun folgendes sagen, in typisch reißerischer Gedankenmanier (siehe Gast News 15.10.2019 "Einfach mal machen"):
"Wollen Sie etwa behaupten, Vergewaltigungsopfer sind dafür selbst verantwortlich?!".
Da gibt es Claudia Huber. Sie leitete das Modul "Erlebnisorientiert Präsentieren und Begeistern" während meines MBA an der Hochschule Ansbach. Sie erzählte uns damals, wie wichtig es für sie ganz persönlich war, Selbstverantwortung zu übernehmen.
Claudia Huber, by the way, hatte damals meine Lebensgeister geweckt. Falls Sie jemanden suchen, der Ihnen beibringt, wie Sie deutlich bessere Vorträge halten können, eloquenter, natürlicher, souveräner, dann garantiere ich ganz persönlich: Sie kann es. Von allen Mitstudierenden waren alle am Schluss deutlich besser im Vortragen. Mit einem simplen Vorher- Nachher-Experiment bewiesen.
Claudia Huber erzählte uns, dass sie 20 Jahre von ihren Eltern missbraucht wurde. Und sie sich nicht nur in einem körperlichen Gefängnis wiederfand, sondern auch in einem emotionalen.
Sie wagte, sicherlich mit enormer mentaler Arbeit, sich folgenden Gedanken einzupflanzen:
"Ich habe mir meine Eltern selbst ausgesucht. Ich bin für alles selbst verantwortlich.".
Jetzt der Aufschrei. Das ewige Argument. Welches gerne von deutschen Medien zu hören ist, die ihr Geld ja mit der Angst verdienen (siehe Gast News "Die deutschen Medien – Das tödliche Geschäft mit der Angst" und "Kommunikation kann nicht zurückgenommen werden"):
"Wie kann man es wagen, so etwas zu sagen. Oder zu denken.".
Wer das schreit, lässt Frau Huber nicht ausreden. Denn diese Idee, dieser Glaubenssatz, verhalf ihr aus ihrem mentalen Gefängnis heraus. Sie war wieder lebensfähig.
Und hat u.a. bewerkstelligt, dass ich ganz persönlich lebensfroh Vorträge halte. Völlig angstfrei.
In dem Roman "Angst" von Robert Harris steht auf Seite 117:
"Nicht die Dinge selbst verstören und beunruhigen die Menschen, sondern ihre Meinungen und Fantasien über die Dinge.".
In diesem Roman verdienen Menschen durch das "Messen der Angst" Millionen.
Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, dass Ihr Handy genau das vielleicht tut? Ihre Angst misst? Sie ahnen ja, wer da alles mithört. Jedes Wort.