Sie haben verstanden

Wie es geht. Wie man gesund, schlank, fit wird. Wie man eben nicht an Diabetes, Herzinfarkt oder Schlaganfall stirbt. Da genügt die ganz kurze mail von heute:

"Seit Jahren lese ich mit Begeisterung Ihre täglichen Berichte. Mir selbst geht es mit Nahrungsergänzungsmitteln (NEM), Sport und stark kohlenhydratreduzierter Ernährung top und ich habe alleine durch den letzten Punkt von ca. 85 kg auf 74 kg bei gleichzeitigem Muskelaufbau abgenommen".

Das war's. Mehr gibt es zum Thema nicht zu sagen. Oh, wenn Sie wüssten. Die Schulmedizin, die Drohmedizin fängt gerade an, sich verdutzt die Äuglein zu reiben: Hat der mail-Schreiber recht? Weiß der mehr als wir, die Universitätskliniken, die Professoren? Ist der Lebensstil ein stärkeres Heilmittel als jede mögliche Tablette?

Und, wie ich glaube schreckensstarr, gibt die neueste, größte Studie dem Briefeschreiber recht. Da haben britische Forscher nämlich 300.000 Menschen analysiert. Und wollten wissen, ob (nur!) gezielte Bewegung im Frühstadium von Erkrankungen wie Diabetes, Herzproblemen, Schlaganfall besser vor dem Tod schützen kann als gängige Medikamente. Und das Ergebnis? Ich zitiere: "Ja, Sport kann die bessere Präventionsmaßnahme sein".

Veröffentlicht im Brit Med Journal 2013. Verglichen wurden Tabletten gegenüber Sport. Ein Satz: "Abgesehen vom Diabetes (da helfen Tabletten offenbar gar nichts) können zwar auch Medikamente vor einem frühzeitigen Tod durch diese Krankheiten schützen. Allerdings ist der Schutz nicht besser als der durch Bewegung: Bei Erkrankungen der Herzkranzgefäße war Sport ähnlich effektiv wie häufig verordnete Medikamente, darunter Statine und Betablocker. Bei der Behandlung der Schlaganfallpatienten übertraf der Effekt der Bewegung sogar die Medikamente, bei einem Herzversagen wirkten Diuretika (wassertreibende Mittel) etwas besser als das verordnete Training".

Und dann entlarvende Zahlen: Sport ist in Wahrheit gar nicht ausreichend untersucht worden. Beispiel Schlaganfall: Da wurde der Effekt von Bewegung nur bei 227 Patienten untersucht, die Wirkung von blutverdünnenden (lebensgefährlichen!) Mitteln hingegen bei weit mehr als 70.000 Menschen. Nur zum Thema Schlaganfall.

Und erstaunlich selbstkritisch warnen die Forscher in ihrer Studie: "Die einseitige, auf Medikamente konzentrierte Forschung führt möglicherweise dazu, dass die effektivsten Therapien für diese Krankheitsbilder unerkannt bleiben".

Möglicherweise. Das Wort hätten die sich wirklich schenken können. Hat Frau Dr. Merkel schon derart angesteckt?

Kurz und gut: Sie haben recht. Wer läuft, macht keinen Fehler. Sondern läuft ihm davon, dem Diabetes, dem Schlaganfall, dem Herzinfarkt. Das haben wir jetzt schriftlich.

Also ich… lächle soeben.

Quelle: Spiegel online 1.10.2013