Über das Thema, dieses unangenehme Thema können wir sehr wohl lächelnd sprechen. Wir können das. Distanziert, souverän, über der Sache schwebend. Glauben Sie’s? Glauben Sie’s nicht? Dann versuch ich’s einfach mal.
Es geht um den berühmten, von der Uni Tübingen soeben hochgelobten ersten spezifischen Krebstest. Soll heißen: Man nimmt einen Tropfen Blut und sagt dem Patienten, ob aggressive Tumorzellen in seinem Blut zirkulieren. Mancher möchte das wissen. Zum Beispiel ein Krebspatient dann, wenn er behandelt worden ist: Der erwartet ja, dass seine Krebszellen verschwunden sind. Und die Bestätigung würde ihn beruhigen.
Dieser neue Krebstest beruht auf einem Gen. Dem Nachweis von TKTL1. Sie sind ja inzwischen Experten. Entdeckt von Dr. Coy 2005 am Krebsforschungszentrum Heidelberg. Nur: Ganz unter uns...
...Dr. Coy hat sich die Entdeckung patentieren lassen. Als Angestellter in einem Institut. Tja. Was sagt da wohl der Direktor? Lassen Sie mich vermuten: Der ärgert sich. Und seither versucht Heidelberg, diese geniale Entdeckung kleinzureden. Darf ich zitieren? Die DKG 2010 in einer Stellungnahme:
"Ein Nachweis von aktivierten Makrophagen (zB. TKTL1 (EDIM-Test)), die "Bruchstücke von Tumorzellen enthalten sollen" ist ein unspezifischer Hinweis, mit dem kein sicherer Rückschluss weder auf einen vorhandenen Tumor noch auf bestimmte Tumoreigenschaften möglich ist."
So die offizielle Verlautbarung. Dumm aber auch, dass soeben in einer prospektiven (!) Studie an 240 Probanden mit verschiedenen Krebsarten bewiesen wurde, dass dieser Test und die bildliche Darstellung mit PET (das Genaueste, was wir bisher haben) zu 90 % übereinstimmen. Heißt in der Medizin: Identisch ist. Heißt praktisch: Sie brauchen sich nicht in die Röhre zu legen, sich radioaktiven Zucker spritzen zu lassen, sondern es genügt eine kleine Blutprobe. Eine Sensation. Die genau zu dieser Verlautbarung der Uni Tübingen geführt hat (News vom 24.02.2014).
Dr. Coy hat also der Medizin, auch der Uni-Medizin einen unschätzbaren Dienst geleistet. Kann man nicht mehr abstreiten.
Aus der Sicht des deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg (wo Dr. Coy ja diese Entdeckung gemacht hat) offenbar ärgerlich. Wie will man es denn jetzt noch klein reden? Doch, geht. Ich zitiere Heidelberg:
"Wichtig zur Einschätzung dieser Studiendaten (also dieser 90 prozentigen Übereinstimmung) ist aber auch, dass die PET selbst bisher nur eine Ergänzung anderer Verfahren zur Diagnostik, Staging und Therapiekontrolle von Tumoren ist".
Auweia. Da wird die genaueste, präziseste, unblutige Krebsdiagnostik, die wir weltweit haben, kleingeredet. Wird "nur eine Ergänzung" genannt. Um bloß nicht diese geniale Neuentdeckung, diesen TKTL1- Test zu sehr glänzen zu lassen. Sehen Sie: Es menschelt auch in der Medizin. Man sollte das mit einem Lächeln zur Kenntnis nehmen. Und sich lieber selbst ein Bild machen. Genau das ist präzise der Sinn und Zweck dieser News. Irgendjemand sollte doch das überhebliche, wissenschaftliche, medizinische Wortgeklingel ins Deutsche übersetzten. Eigentlich die Pflicht eines jeden Arztes…