Die Realität

...die Sie hoffentlich nie selbst am eigenen Leibe erleben werden. Die Realität draußen in den Arztpraxen, in Kliniken. Mich packt da inzwischen das nackte Grauen. Wenn ich in meinen Ärztezeitschriften stöbere und über einen interessanten "Fall" von Unterfunktion der Schilddrüse lese.

Eine 37-jährige Frau, die seit 20 Jahren ihre Schilddrüsenunterfunktion mit der üblichen Hormontablette "wegzauberte", wie dies ja für Millionen Deutsche gilt. Offenbar Volkskrankheit.

Dieser Patientin nun ging es zunehmend schlechter, das heißt sie war müde, hatte Kopfschmerzen, Gewichtszunahme. Aber jetzt kommt’s:

Der Bericht wird sorgfältig ergänzt durch all die anderen Krankheiten, an denen die Dame mit ihren 37 Jahren auch noch litt. Und was dagegen getan wurde: Wenn Ihnen jetzt die Kinnlade nicht herabfällt so wie mir, dann weiß ich auch nicht mehr:

"Anamnestisch war ein Bluthochdruck, eine Gicht, eine bipolare Störung (Psyche) und eine Arthrose bekannt. Daher (!) wurde die Patientin mit

Athenolol

Colchicin

Quetiapin

Bupropion

Escitalopram

Pregabalin

Topiramat

Hydroxychloquin

behandelt.

Vitamine oder Phytotherapeutika nahm sie nicht ein.

Noch einmal ganz langsam. Sie lesen hier von einer 37 jährigen Frau mit einer sehr häufigen Schilddrüsenunterfunktion. Um die es hier geht. Daneben waren bekannt vier zusätzliche Erkrankungen, nämlich Bluthochdruck, Gicht, Arthrose und psychische Störung. Bei den ersten drei Diagnosen kommt mir sofort die Frage nach dem Gewicht. Wie man Blutdruck ganz einfach zum Verschwinden bringt, haben Sie ja nun oft genug auf diesen Seiten gelesen. Eine Gicht (in meiner Familie üblich) wird ähnlich, zusätzlich mit genügend Flüssigkeit beseitigt. Und wie man gegen Arthrose vorgeht, haben wir von den Elchen gelernt (News vom 03.09.2010). Bleibt noch die bipolare Störung. Heißt so etwas wie "stark wechselnde Stimmung". Darüber gibt es genügend lästerliche Fachkommentare.

Was Sie hier lesen ist Realität: Acht Pharmamedikamente. Da bekomme ich einfach nur noch Mitleid. Muss man aber einmal gelesen haben, um das Ungeheuerliche, das Neue der Frohmedizin, der angewandten Epigenetik zu verstehen: Wir trauen uns ja zu, durch Veränderung des Lebensstils und eben nicht durch Chemie solche Patienten zu… heilen.

Quelle: Can. Med. Assoc. J. 2012, 184:210