Irrsinn auch in der Medizin

Wenn Sie Beispiele für Irrsinn suchen, werden Ihnen in der Politik ohne große Schwierigkeiten genügend einfallen. Fragen Sie mal sämtliche europäischen Regierungs-Chefs. Die sich alle fürchterlich aufgeregt haben über den Irrsinn der deutschen Flüchtlingspolitik. Zitat: "She is crazy". Gemeint war die deutsche Bundeskanzlerin.

Aber gemach, gemach. Das war vor tausend Jahren auch nicht anders. Und vor 2000 Jahren ebenfalls nicht. Fällt natürlich nur wachen, wissbegierigen Menschen auf. Drum empfehle ich jedem von Ihnen in meiner Praxis, sich mit dem Nachlassen seiner Gehirnleistung, wenn über 50, doch fröhlich und dankbar zu arrangieren.

Man hat dann weniger Ärger beim Zeitunglesen. Ganz generell: Ein bisschen Dummheit ist dem Seelenfrieden häufig förderlich.

Nach dieser durchaus ernstgemeinten Vorbemerkung möchte ich Ihnen etwas wirklich Irrsinniges präsentieren. Aus einer berühmten Ernährungsstudie, genannt NHANES III. Hatte ich bereits zitiert. Umfasst 6381 Erwachsene über 50.

In dieser Studie wird – neben Sterblichkeit und Krebs – auch über Diabetes referiert. Und hier wird bewiesen, dass

Eiweiß macht Diabetes

Kapiert zwar kein Mensch, schon erst recht kein Biochemiker, aber die behaupten das einfach. Wie sie dazu kommen, ist abenteuerlich, irrwitzig, irr. Ich versuch´s mal.

Die behaupten doch tatsächlich, dass Menschen mit steigendem Eiweißkonsum (unter 10%, um 15%, über 20%) auch vermehrt an Diabetes sterben. Genauer:

  • Mit Eiweiß über 20% steigt Diabetes-Sterblichkeit 73-fach (in Worten dreiundsiebzig).

  • Mit Eiweißkonsum 10 bis 20% steigt die Diabetes-Sterblichkeit um das 23-fache.

  • Verglichen mit der Basis: Nämlich Eiweißkonsum 10% und weniger.

Also der Ausgangspunkt: Eiweißkonsum 10% oder weniger. Und wer mehr zu sich nimmt, hat ein 23-faches, dann ein 73-faches Risiko, an Diabetes zu sterben.

Solche Zahlen habe ich bisher in keiner wissenschaftlichen Arbeit gefunden. Solch einen fast astronomischen Risiko-Zuwachs. Kam mir erst spanisch, dann englisch vor. Also habe ich genauer nachgelesen.

Der Witz war, dass unter diesen 6381 Teilnehmern nur 21 (anfänglich ausdrücklich ohne Diabetes) später an Diabetes verstorben sind. Die aberwitzige Aussage gründet also auf 21 Patienten.

Jetzt kommt’s: Der Bezugspunkt, die Basis, also die Teilnehmer mit Eiweißkonsum unter 10% waren jetzt nicht vielleicht 15 oder 10 oder 5 sondern waren

genau einer (1)

diesen einen, an Diabetes verstorbenen, nahmen die als Ausgangsbasis. Als 100%.

So ein Statistik-Missverständnis habe ich in meinem ganzen bisherigen wissenschaftlichen Leben noch nie gelesen. Und das drucken die wirklich ab.

Sehen Sie, Irrsinn gibt es nicht nur in der Politik, gibt es durchaus auch in der Medizin. Und selbstverständlich bezieht die DGE sich jetzt sofort auf diese Aussage. Plakativ: Eiweiß macht Diabetes, lässt an Diabetes sterben. Wetten?

Quelle: Cell Metabol 19, March 4, 2014, S. 407