Eine kitzelige Frage

Artikel .1057 vom 24.02.2020


Sollte man oder sollte man nicht. Eine Genanalyse machen lassen? Bei sich selbst? Um möglicherweise herauszufinden, ob man zu Krebs neigt, ob man eine Veranlagung zu Diabetes in sich trägt, ob der Schlaganfall droht? Schläft man dann besser? Wirklich?

Die Frage ist so leicht nicht zu beantworten. Denn auch wenn es „das Krebsgen“ nicht gibt, so gibt es doch auffällige Häufungen, starke Hinweise, Belastungen. Und das könnte (Konjunktiv!) ja dann dazu führen, dass ein aufmerksamer Mensch – jetzt kommen wir zur Epigenetik – sich besonders vernünftig verhält, um die drohende spätere Erkrankung erst gar nicht aufkommen zu lassen.

Sprich: Seinen Lebensstil auf bewusst gesund umstellt. Was ja auch nichts anderes bedeutet, als so zu leben wie jedes Reh. Wie jedes Naturvolk. Forever young. Das entsprechende Lehrbuch gibt´s ja seit 1999. Millionenfach gekauft. Auch gelesen?

Die Frage nach der Genanalyse stellt sich Ihnen in der Regel nicht. Bei jedem Arztbesuch allerdings könnten Sie Risikofaktoren bestimmen lassen. Risiko für die häufigste tödliche Erkrankung, nämlich Gefäßverkalkung. Also Herzinfarkt, Schlaganfall, aber eben auch Demenz. Verblödung.

Zum Glück (??) werden diese Risikofaktoren bei Ihnen nie komplett bestimmt. Immer nur einige wie Cholesterin oder Blutzucker. Ganz selten, wie ich von Ihnen erfahre, ein besonders peinlicher Risikofaktor, nämlich

Homocystein.

Unterschätzt. Weit unterschätzt von der deutschen Medizin. Wohl auch deshalb, weil man diesen Risikofaktor ganz leicht beseitigen kann, ohne sein Lebensstil zu ändern: Man braucht (klappt fast immer) nur genügend von drei B-Vitaminen zu sich zu nehmen: Folsäure, B 6, B 12. So einfach ist das. Gibt es ja als Pille.

Und weil so einfach, wird Homocystein wohl unterschätzt. Fast jeder von Ihnen, der zu mir kommt, hat Homocystein im Bereich zwischen 10 und 14. Gilt schon als Risiko. Um Sie aufzuwecken, um Ihnen klar zu machen, wie wichtig Wissen in diesem Fall für Sie ist, wie wichtig es ist, diesen Faktor zu bestimmen, zitiere ich Ihnen eine Untersuchung der Universität Bergen, Norway.

Studiert wurden knapp 5000 Probanden im Alter von 60 bis 70 Jahren. Die hatten ein durchschnittliches Homocystein von 11 µmol/l. Nur 11, wie Ihnen jedes deutsche Labor versichert: Dort gilt normal bis 12. Die Herrschaften waren also - angeblich – gesund. Deutsche Medizin.

Freilich finde ich oft genug auch ein Homocystein von 14, oder 18, oder gar 23 µmol/l. Dann wird’s kritisch.

In der norwegischen Studie wurde gezeigt, dass ein nur um 5 µmol/l erhöhter Homocysteinspiegel führt zu

  • einem allgemein erhöhten Todesrisiko von 49 Prozent
  • einem um 50% erhöhten Risiko, an Herzinfarkt oder Schlaganfall zu sterben
  • einem um 26% erhöhten Risiko, an Krebs zu erkranken
  • einem um 104 % erhöhten Risiko, an irgendeiner anderen Erkrankung (außer Krebs oder Herzinfarkt) zu sterben

Ein fast unglaubliches Ergebnis. Aber so steht’s eben da. Manche Ärzte regt diese außerordentlich leicht zugängliche Möglichkeit, das Leben ihrer Patienten drastisch zu ändern, die Patienten drastisch gesünder und jünger zu machen so auf, dass sie darüber gleich ein ganzes Buch schreiben.

So Uwe Karstädt. Das Buch heißt „Das Dreieck des Lebens“. Die Quelle dieses Artikels. Mit Dreieck sind die drei B Vitamine gemeint.

Gucken Sie mal rein. Kollege Karstädt ist ein kluger, weit denkender Arzt. Und er schreibt deutsch, wenn Sie mich verstehen. Ist mutig genug, den schlimmsten Feind Ihrer Gesundheit deutlich anzusprechen: Nicht etwa die Pharmaindustrie, die Politiker, Mobilfunkkonzerne oder Pestizide, sondern…

Ihre eigene Trägheit.

Quelle Bergen: Am J Clin Nutr 2001; 74:130

 Siehe News „Vitaminmangel macht krank“ (anhängend).

Vitaminmangel macht krank

Eine in Deutschland deshalb völlig unwichtige Feststellung, weil wir keinen Vitaminmangel haben. Erklären deutsche Hausärzte ihren Patienten. Darf ich mir täglich von Ihnen anhören. Dumm nur, dass wir lesen können.

Zum Beispiel BMJ 2002, 23.11.: Dort werden 92 Studien mit über 20000 Patienten zusammenfassend ausgewertet. Es geht um den Zusammenhang zwischen Homocystein und Krankheit.

Homocystein gilt als Risikofaktor. Und ist erhöht, wenn B-Vitamine in Ihrem Körper fehlen. Folsäure, Vitamin B 6, Vitamin B 12. Diese Erkenntnis war der Hintergrund für den Beschluss der amerikanischen Regierung, seit 1998 Folsäure jedem Mehlprodukt beizumengen. In Europa? Fehlanzeige.

Aus diesen 92 Studien lässt sich herausfiltern, dass mit einem Anstieg des (täglich in jeder Arztpraxis theoretisch) messbaren Homocysteines um nur 5 umol/l das Risiko für

  • Herzkrankheit für 42%
  • Venenthrombose um 60%
  • Schlaganfall um 65%

ansteigt. Der Studienleiter Prof. Wald meint, dass der Zusammenhang kausal sei schon deshalb, weil es sich um prospektive Studien genau so wie um Genanalysen handelte. Das Ganze also eine recht strenge wissenschaftliche Basis hatte. Er drückt das Ganze noch einmal sehr praktisch aus:

Wenn Sie Ihr Homocystein nur um 3 umol/l absenken, reduzieren Sie das Risiko für

  • Herzinfarkt um 16%
  • Venenthrombose um 25%
  • Schlaganfall um 24%

Und das mit schlichten, einfachen Vitaminen. In erster Linie mit Folsäure, wie er meint. Meine persönliche Erfahrung freilich zeigt, dass Ihnen hauptsächlich Vitamin B 12 fehlt. Nimmt der Magen ab einem gewissen Alter immer schlechter auf. Auch bei mir.

Anmerkung: Mal ganz unter uns: Wie oft denn noch? Wie genau denn noch muss man beweisen, dass Vitamine und Wohlbefinden aufs Engste verknüpft sind? Weshalb weigert sich der medizinische Mainstream immer noch, Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen? Mir ein Rätsel.

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